Martin Luthers freier Wille
- M. Patrick Kleinn

- 10. Dez. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Berühmt-berüchtigt sind Martin Luthers Ausführungen zum (un-)freien Willen. In scharfer Abgrenzung zu Erasmus kommt Luther zu einer unerbittlichen Zuspitzung, die erschaudern lässt.
"So steht der menschliche Wille zwischen Gott und dem Satan. Er ist wie ein Pferd, das einen Reiter haben muss. Wenn Gott ihn reitet, geht er wohin Gott will. Wenn Satan ihn reitet, geht er, wohin Satan will. Es steht nicht in seinem Belieben, den einen oder den anderen zu wählen und zu ihm zu laufen. Die beiden kämpfen vielmehr darum, wem er gehören soll."
Dem Menschen einen freien Willen zuzusprechen, ist für Luther nachgerade Blasphemie. Nur Gott steht dieser „Titel“ zu. Ob der Mensch nun der Verdammnis anheimfällt oder nicht – darauf hat der Mensch selbst keinerlei Einfluss:
"Der freie Wille ist ein göttlicher Titel. Er steht dem erhabenen Gott zu und niemandem außer ihm. Der „kann schaffen, was er will“ (Ps 115,3) im Himmel und auf Erden. Wenn man dem Menschen diesen Titel zuerkennt, dann bezeichnet man ihn geradezu als Gott; eine Gotteslästerung, die nicht überboten werden kann. […] Er wird selig oder er wird verdammt, ohne es ändern zu können. Er muss Gott oder er muss dem Teufel dienen."
In seiner Schrift "Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" von 1525 wird deutlich, wie nachhaltig dieser theologische Rigorismus Luthers Urteilskraft und politische Analyse prägt, bzw. vereinseitigt: Er sieht bei dem Aufstand der Bauern den "Erzteufel" höchstpersönlich am Werk und ruft dazu auf, die Bauern zu erschlagen „gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss“. „Wer da kann“ soll „sie zuschmeissen, würgen und stechen heimlich oder öffentlich“. Für Luther gibt es "nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres [...] denn ein aufrührischer Mensch."
Zitate aus: Martin Luther, Vom unfreien Willen, 1937 und: Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, WA 18,358.



Luther nimmt dem Menschen die Willensfreiheit, Calvin geht doch sogar noch weiter: Manche werden geschaffen, um verdammt zu werden – nicht trotz, sondern wegen göttlicher Allmacht. Der Mensch als Vorführmaterial für göttliche Macht – das ist kein Trost, das ist eine theologische Zumutung.
Im Gottesdienst hört man selten davon. Warum eigentlich?